©Max Fairclough

Ashley Henry – ein Londoner Piano-Talent im Indie-Club

Der englische Keyboarder Ashley Henry spielt seinen Soul-HipHop-Funk-Jazz auf der Reeperbahn.

Schon im Häkken gewesen? Kompromisslose Jazzcats werden sich womöglich am Kopf kratzen. Denn der mit stylishem Sichtbeton ausgekleidete Club am Spielbudenplatz ist eher für Indie- und Elektronik-Gigs bekannt – Genres, die Ashley Henry wohl vertraut sind.

Der 27-jährige Brite ist zwar studierter Jazzpianist, aber längst in der großen Popwelt gefragt: Rapper Loyle Carner setzte ihn ans E-Piano, die französische Sängerin Héloïse Letissier alias Christine and the Queens tourte mit ihm europaweit durch große Arenen. Den Sound seines 2019 erschienenen Debütalbums beschreibt Henry mit „London in all its mixed up glory.“ „Beautiful Vinyl Hunter“ ist ein lässiges Mixtape auf Jazz-Basis, über der sich Soul, Pop, Old School-HipHop, Funk und R&B mit einer Leichtigkeit vermischen, die sich auch auf Henrys virtuoses Klavierspiel überträgt.

„Meine Musik trägt die Geschichte des Jazz über verschiedene Genres und Generationen in sich“, sagt der Keyboarder, und übertreibt damit keineswegs, schließlich spielte schon sein Großvater auf Jamaika in Jazz-Bands. Wer die Tracks mit Gästen wie Theo Croker oder „Dark Honey“ mit einem furiosen Rhodes-Drums-Battle hört, in bei dem sich der Engländer mit Makaya McCraven duelliert, ahnt, warum „Beautiful Vinyl Hunter“ für DJ Gilles Peterson eine der Jazzplatten des Jahres ist. Das Album ist ein Lob des wissbegierigen Plattensammlers, der sich heute mehr als je zuvor Musik aus verschiedenen Jahrzehnten widmen kann. Eine Ode auf die Vielfalt des Jazz.

Von der illustren Gästeliste des Albums wird beim Hamburger Gig wohl wenig zu spüren sein. Doch auch in kleiner Besetzung darf man gespannt sein, wie Henry Einflüsse von Herbie Hancock bis Stevie Wonder, aber auch aktuelle Cover wie Solange Knowles‘ „Cranes (In the Sky)“ verarbeitet. Für Héloïse Letissier ist Ashley Henry ein „Beats futurist“. Sicher scheint: ein Supertalent dieses Kalibers wird man wohl nicht noch einmal in solch kleinem Rahmen zu sehen bekommen.

Ashley Henry, Häkken, 12.11.19 – 20 Uhr , Tickets hier.

weitere News:

Romantisch und rätselhaft – Michael Wollny solo in der Elbphilharmonie

Michael Wollny hat sein Output einmal als „Gothic Music” bezeichnet – in Anlehnung an die „Gothic Novel“. Auf deutsch: Schauerroman. Der Leipziger Pianist mag es dunkel, romantisch, rätselhaft. Genre-Bezeichnungen werden hinfällig, versucht man das zu beschreiben, was Wollny seit nunmehr 20 Jahren in Duo-, Trio- oder Quartett-Besetzung aufnimmt. Ist das Klassik, Jazz oder Pop? Vermutlich […]

Hamburgs Jazz-Clubs von gestern bis heute: Teil 5 – Cotton Club

Wir stellen Jazz-Locations vor, die wichtig waren – und es hoffentlich bleiben. „Gesellige Unterhaltungsmusik mit geringem künstlerischen Anspruch“? So sehen manche New Orleans- und Dixieland-Jazz. Seit über sechs Jahrzehnten gibt es solche Klänge im Cotton Club zu hören – nun geht sein Gründer in den Ruhestand. Aber am Alten Steinweg wird weiter gejazzt.

Unsere Playlist für dunkle Tage: Jazz fürs Gemüt

Jan Eustergerling gehört seit Oktober 2021 zum Vorstand des Jazzbüro Hamburg e.V. Der gebürtige Mainzer ist ausgebildeter Typograf, freier Künstler und Designer, und seit langem Jazzliebhaber.