Den Kampf ums Überleben ist die Jazz-Szene gewohnt, aber die derzeitigen Zwangsschließungen treffen sie härter als je zuvor. Viele Vertreter*innen des Hamburger Jazz tun nun das, was sie schon immer getan haben: Improvisieren. Und das Publikum bleibt zwar zu Hause, aber nicht aus. In einer Krise wie dieser merkt man, wer wirklich für einen da ist. Drei Beispiele für besondere Solidarität in Krisenzeiten.
„Wenn ihr nicht zu uns kommen könnt, kommen wir halt zu euch!“ Fee Wilhelmi hat vor der Schließung ihrer Bar Italia fünf Konzerte in der Woche veranstaltet. Jetzt sind es nur noch zwei, die sie mit ihrem Bar Italia Music Delivery Service veranstaltet. Schon am 21. März veröffentlichte sie das erste gestreamte Konzert auf YouTube. Die ach bis zehn Euro Eintritt zu den Konzerten kann man spenden. Nach zweieinhalb Wochen Quarantäne ist die Bar-Betreiberin schwer gerührt von dem Zuspruch. Die Zuschauer-Zahlen der kleinen Bar sind gestiegen – online genießen nun hunderte Menschen die Konzerte.
Auch das White Cube in Bergedorf wurde überrascht von Fan-Liebe. Betreiber Joern Moeller hat viel in seinen Club gesteckt, alles selbst gebaut und hört nie auf, zu optimieren. Diese Leidenschaft ist anziehend: Joern kann sich auch in Krisenzeiten auf seine Stammgäste verlassen. Dafür wurde eine Crowdfunding Kampagne gestartet, denn um die Zwangspause bis mindestens 30. April überstehen zu können, benötigt das White Cube 2.500 Euro für Fixkosten. Das Ergebnis war überwältigend: Nach nur einer Woche kamen deutlich mehr als angepeilt zusammen, fast 4.000 Euro. Das Team ist begeistert von der Spendenbereitschaft und sieht dies als Ansporn für alles, was noch kommen mag.
Das Knust wollte schon lange eigenen Merchandise verkaufen, nun ist es soweit. Seit dem 20. März gibt es fair produzierte T-Shirts und Hoodies mit Aufdrucken wie „Knust-Retterin“ oder „Keep Cool & Rock On After“. Das Angebot wird gut angenommen, jedoch reichen die Verkäufe nicht, um alleine die 10.000 Euro Miete pro Monat zu stemmen. Ein Stammgast bot an, zu spenden, was er monatlich an Tickets und Getränken ausgegeben hätte. Dieser Aktion haben sich schon einige angeschlossen. Die so genannten „Club-Patinnen und -Paten“ bekommen einen Ehrenplatz an einer Wand im Knust. Die Geschichte hinter mancher Patenschaft, kann man täglich auf der Facebook-Seite nachlesen. „So wird man Teil der Knust-Geschichte!“ Booker Tim Peterding, der die Jazzhouse-Reihe im Club angestoßen hat, freut sich über die Keith-Richards-Allee getaufte Wand, „mit Leuten die uns einfach den Arsch gerettet haben, die dann auch einfach für die Ewigkeit hängen bleiben.“
Für das Knust, wie auch für die anderen Clubs, ist die Unterstützung der Fans die Motivation, um weiterzumachen. Noch wissen sie nicht, wann es weitergeht. Selbst Fans kaufen keine Tickets für zukünftige oder verschobene Konzerte. Die Ungewissheit ist groß. Ob die Spenden künftig ähnlich hoch bleiben? Ob Menschen nach der Krise noch Geld haben, um Konzerttickets zu kaufen? Um die Hamburger Clublandschaft zu retten, benötigt es noch viele kreative Ideen und nachhaltige Unterstützung der Stadt.
Wir sitzen auf jeden Fall längst auf heißen Kohlen und können es kaum erwarten, dass unsere Lieblingsclubs wieder ihre Türen öffnen.
Übrigens: Wer sich nicht für einen Club entscheiden kann, vertraut dem Clubkombinat. Die Kampagne Save Our Sounds verteilt monatlich die gespendeten Gelder unbürokratisch und transparent an Hamburger Clubs, die Hilfe beantragt haben.