Black to the future – Afrofuturismus in der Elbphilharmonie
Retroperspektive 2022
Rubrik
Feature
Veröffentlicht
27.12.22Autor:in
Petra Riess
Eine der spannendsten Veranstaltungsreihen im (fast) vergangenen Jahr war der Fokus Afrofuturismus in der Elbphilharmonie. Mit Konzerten, Lectures und Vinyl Sessions haben über drei Monate lang Musiker:innen wie Theo Croker oder Samus gezeigt, wie das Erbe von Sun Ra heute aussieht. Wir werfen nochmal einen Blick zurück und freuen uns auf Highlights 2023. Das Elbjazz Line Up findet Ihr hier.
Afrofuturismus ist ohne den Jazzmusiker San Ra nicht denkbar. Er ist eine Art Übervater und hat eine Bildsprache und Mythologie geprägt, die bis heute wirkt. Das sagt auch die 36jährige Rapperin Sammus, die von der Elbphilharmonie für den Programmschwerpunkt Afrofuturismus nach Hamburg eingeladen worden war – es war ihr erster Auftritt in Deutschland überhaupt.
Ihr bürgerlicher Name lautet Dr. Enongo Lumumba-Kasongo, sie ist Rapperin, Produzentin und lehrt an der renommierten Brown University in den USA „Music, science and technology“. Sammus gehört zu den wichtigsten gegenwärtigen Stimmen des Afrofuturismus und gab in Hamburg eines der insgesamt sechs Konzerte der Reihe.
„stretch music“ und Entschleunigung
Die waren in ihrer Verschiedenheit berührend und radikal: die schon legendären Sons of Kemet oder Chief Xian aTunde Adjuah trumpet, harp (Christian Scott) suchen neue, andere Ausdrucksformen des Jazz – „stretch music“ nennt Christian Scott seinen Stil. Der Trompeter Theo Croker fordert „Love yourself!“ und setzt auf totale Entschleunigung der Musik. Zur psychedelisch bunten Videoprojektion fehlten eigentlich nur noch die Räucherstäbchen.
„Space“
Intensiv war Sammus, die im Begleitprogramm der Reihe auch einen interaktiven Vortrag zum Thema hielt und eine Vinyl-Session mit dem Trompeter Theo Croker moderierte. Ihren Künstlernamen wählte sie nach der weiblichen Videogamefigur Samus Aran aus dem Spiel „Metroid“. Eine Held*innenreise und damit einer der vielen Mythen im Afrofuturismus, der neue künstlerische Räume und Utopien der afro-diasporischen Kultur beschreibt. „Space“ ist dafür eines der Schlüsselworte. In den Weiten der Galaxie sind gesellschaftliche Entwürfe und Visionen möglich, die neue und bessere Geschichten einer möglichen Realität erzählen. Historische Referenzen, zum Beispiel Samples im Hiphop, gehören zum Selbstverständnis dieser starken, jüngeren Generation und der Fokus in der Elbphilharmonie hat davon eine Menge gezeigt.