Rocket-Men-orbiter-sessions
In der Umlaufbahn angekommen
Rubrik
Feature
Veröffentlicht
26.06.24Autor:in
Heinrich Oehmsen
Die Organisatoren des Elbjazz-Festivals mussten sich in diesem Jahr viel Kritik an ihrem Programm gefallen lassen. Es wurde vor allem moniert, dass zu wenige Jazz-Bands gebucht worden seien. Doch gerade ein jüngeres Publikum feierte viele Künstler*innen geradezu euphorisch. Einen begeisternden Auftritt legten auf dem Blohm & Voss-Gelände Rocket Men hin. Das Quintett ist ein Paradebeispiel für einen Sound, der Jazzelemente enthält, aber auch Stilistiken anderer Genres wie Techno, Drum 'N' Bass, Rock, Dub, Ambient. Die fünf Musiker verstehen sich nicht als Jazz-Combo, aber der Begriff Fusion trifft ihr musikalisches Konzept ziemlich genau. Fusion war in den 70er-Jahren das Synonym für Jazzrock, der Verschmelzung von elektrischem Rock mit der Rhythmik des Funk und den Improvisationen des Jazz. Rocket Men stehen in dieser Tradition, aber ihre Fusion bietet noch etliche Facetten mehr.
Kurz nach dem Elbjazz ist mit "The Orbiter Sessions" das vierte Album der Band herausgekommen. Entstanden ist es bei einer Session in Berlin, drei der fünf Mitglieder leben allerdings in Hamburg. Vor acht Jahren fand sich das Quintett zusammen, Keyboarder Valentin Mühlberger und Trompeter Philipp Püschel hatten zuvor schon jahrelang gemeinsam musiziert, Schlagzeuger Felix Dehmel und Saxofonist Lasse Golz waren auch von Anfang an dabei, der Elektroniker Paul David Hockhausen stieß später zu den "Raketenmännern". Wie bereits auf den Vorgänger-Alben sind die sieben Stücke der "Orbiter Sessions" extrem abwechslungsreich, selbst innerhalb der einzelnen Kompositionen ändern sich Atmosphäre, Rhythmus und Sound oft schlagartig und erzeugen so eine hohe Spannung.
"Drum and Space" nennen die Rocket Men ihr Konzept und lösen es hundertprozentig ein. Die sieben Titel der Stücke stammen aus einem kosmischen Begriffsfeld . Es gibt eine Hymne auf die Erde ("Hymn To Planet Blue"), der Mond ("Moon") kommt ebenso vor wie Jupiter ("Jupiters Rising") oder ein Komet ("Ikeya-Seki"). Der Opener "Orbiter" mit seinem sphärischen Sound weckt Assoziationen an ein schwereloses Gleiten durch das All; "Hubble" klingt wie der Soundtrack aus einer spacigen TV-Serie der 70er-Jahre; der erste Teil von "Jupiter's Rising" geht in Richtung Trance, bevor mit einem tanzbaren Groove eine völlig andere Richtung eingeschlagen wird.
Der Weltraum lässt viele Assoziationen zu, deshalb verfolgen Rocket Men dieses Konzept. Mitverantwortlich sind dafür Fans und Freunde. Nach ihrer Gründung besaß die Band noch keinen Namen, bei einer Zettel-Aktion während eines Konzert wurde danach gesucht. Viele Vorschläge gingen in Richtung Kosmos, All, Raumschiff und schließlich kam Rocket Men dabei heraus. Man kann die neuen Stücke als einen intergalaktischen Trip interpretieren, aber man kann sich genauso gut von den Stimmungen mitreißen lassen, ohne sich auf einer Raumfahrt-Mission zu wähnen. Besonders "New Mission", das bereits erwähnte "Jupiter's Rising" und "Moon" mit seinem technoiden Funk-Sound eignen sich bestens als Tanz-Nummern.
Die fünf Musiker sind eine eingespielte Combo, doch besonders erwähnt werden muss Schlagzeuger Felix Dehmel. Er ist ein wahrer Zauberer an Trommeln und Becken, er kann komplexe, immer wieder verblüffende Rhythmen schlagen, "Moon" hält er mit einem geraden Beat zusammen, er ist ein Meister des Breakbeats und der auffälligste Musiker der Band, die immer noch einen Status als Geheimtipp hat. Nach Auftritten beim Elbjazz, der Kieler Woche und weiteren Konzerten sollte sich das bald ändern. Im Herbst sind die Rocket Men wieder in Hamburg live zu erleben und dann an einem Ort, der ideal zu ihrer musikalischen Vision passt: Am 29. und 30. landet ihr Orbiter im Planetarium im Stadtpark.
Hörbeispiele
Wann
29.11.2024 und 30.11.2024
Wo
Planetarium Hamburg
Besetzung
Philipp Püschel (tp), Lasse Golz (sax), Valentin Mühlberger (keys, synth), Paul David Heckhausen (electr., synth), Felix Dehmel (dr)
Weitere Infos
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