Dem ein oder anderen kommt diese Situation beim Bekenntnis zum Wohnort sicher bekannt vor. Aber kaum ein anderer personifiziert hanseatische Ehrlichkeit, norddeutschen Pragmatismus sowie Lokalpatriotismus seit 2011 so authentisch und erfolgreich wie Heiko „Schotty“ Schotte (gespielt von Bjarne Mädel), seines Zeichens professioneller Tatortreiniger (keine Putzkraft!) für die Firma Lausen.
Dem NDR ist mit der Tatortreiniger-Serie, die bereits nach den ersten Folgen Kultstatus erreichte, ein regelrechter Coup gelungen. Nachdem vor einigen Wochen bekannt wurde, dass die vor Weihnachten ausgestrahlten Folgen die Letzten sein sollten und in einem skurril-bizarren Finale Abschied von Schotty, seinem Lebenswerk und seinem lieb-gewonnenen Umfeld genommen wurde, stellt sich die Frage, was davon bleibt. Und da gibt es etwas, was über die Erinnerungen an Situationskomik, Schottys HSV-Bekenntnisse und Fachsimpelei über Reinigungstechniken der pathologischen Vorarbeit hinausgeht: Der Tatortreiniger-Soundtrack.
Entstanden in einem Klinkerbau im Hamburger Karoviertel, in einem Aufnahmestudio zwischen alten Keyboards, Flohmarkt-Schallplatten und Kabelbergen auf Orientteppichen. Musikalisch verantwortlich für dieses Werk, das genau wie die Serie das Zeug zum Kultobjekt hat, ist ein weiteres Hamburger Urgestein: Carsten „Erobique“ Meyer. Der Keyboarder, DJ, Produzent und Komponist hat schon Serien wie Stromberg oder dem Film der Band „Fraktus“ musikalisch zum Erfolg verholfen. Meyer hat die gesamte Begleitmusik für den Tatortreiniger komponiert, aufgenommen und produziert.
20 Titel haben den Weg auf die Tatortreiniger-Compilation geschafft – jeder einzelne im Original aus der Serie. Eine Steilvorlage für jeden Tatortreiniger-Fan, bereits Verdrängtes, mit Freude Hängengebliebenes oder in vager Erinnerung Behaltenes neu zu erleben, aufzufrischen oder endgültig zu verdrängen. Musikalisch bedient sich Meyer dabei aus der kompletten Palette an handelsüblichen Soundtrack-Klischees und seinem ganz eigenen Stil, mit dem er seit Jahrzehnten die Tanzflächen und Bühnen – unter anderem die des Hamburger Schauspielhauses – erobert.
Über jazzbasierte Popnummern mit Ohrwurmgarantie, die Titelmelodie im Surfrock-Gewand, Disco-Tracks mit trashigem 70er-Jahre Synthesizer-Gedudel bis hin zu gepfiffenen Easy-Listening-Stücken, lässt Meyer kein Genre aus. Alles im Retrotouch, „Erobique“ Meyers Markenzeichen.
Und schon beim ersten Durchhören des Albums ziehen die wunderbaren, kultigen Tatortreiniger-Szenen vor dem inneren Auge vorbei. Man kann das Klappern von Schottys Kleintransporter hören und wird etwas wehmütig, dass die Vorfreude auf neue Folgen wohl wirklich vorbei sein soll.
Danke, Carsten Meyer! Du hast uns über die Jahre etwas komponiert, was nach Hamburg klingt und was auch ohne Bilder prima funktioniert. Ein Soundtrack, der in viele Lebenslagen passt und allen, die dann doch etwas wehmütig sind, ein bisschen davon nimmt. Wir freuen uns auf, hoffentlich, Teil II des Tatortreiniger-Soundtrack!