©Hamburg.Stream

Nacht- und Nebel-Aktion von hoher Qualität: Hamburg.Stream

Einige Wochen dauern die Schließungen der Clubs bereits an. Die Absagenflut für die komplette Festivalsaison kam in der vergangenen Woche. Musiker*innen aus der ganzen Stadt versuchen, ihren künstlerischen Impact in Zeiten von Corona neu zu kanalisieren. Zahlreiche Streaming Events – etwa von der Club-Initiative „Save our Sounds“ – haben schon stattgefunden. JAZZ MOVES-Autor Felix stellt Hamburg.Stream vor – ein neues Projekt von Christophe Schweizer und Co.

Von 0 auf 100 in zehn Tagen. So könnte man die Entstehungsgeschichte der jüngsten Konzertreihe der Hamburger Szene zusammenfassen. Seit dem 14. April finden immer dienstags, donnerstags und samstags Live-Gigs statt, die in den „Phina Studios“ in Hausbruch gefilmt werden. Hier bekommen Musiker mit verschiedensten Besetzungen aus Jazz und anderen Genres Raum für ihre Kunst. In der ersten Woche spielten etwa Saxofonist Gabriel Coburger, Bassist Giorgi Kiknadze und das Duo Adrian Hanack/Lisa Wulff.

Mit Unterstützung der Adalbert Zajadacz-Stiftung, der JazzFederation, und des JazzBüro Hamburg haben unter anderem Christophe Schweizer und Wolf Kerschek gemeinsam mit Clemens Seemann und seiner Firma Kultursystem eine neue Plattform ins Leben gerufen. Die Meilensteine auf dem Weg zu Hamburg.Stream? Aus Sicht von Schweizer waren das, neben Location und Finanzen, vor allem die technische Umsetzung mit Kamera-, Licht- und Streaming-Technik und dem Entwurf des Kernelements: der Spendenplattform für das Publikum. Der Posaunist Schweizer spricht zwar von einer „großartigen Nacht- und Nebelaktion“. „Der Gedanke bei Hamburg.Stream war ‚jetzt oder nie, aber wenn, dann mit Vollgas!‘“
Bei allen Beteiligten sei das Herzblut und die Begeisterung zu spüren. Auch innerhalb der Hamburger Szene unterstützen sich die Player. „Toll ist zum Beispiel, dass das Goldbek-Haus uns eine ganze Lichtanlage für den Stream geliehen hat“, so Schweizer. Das Booking für die ersten beiden Wochen hatte das Team innerhalb von 12 Stunden zusammen.

Die erste Woche zeigt: Das Projekt kommt an. Christophe Schweizer spricht gar von einem riesigen Erfolg. „Mit den ersten drei Streams sind mehr als 4.000 Euro zusammengekommen. Davon bekommen die Musiker 70% – das ist sogar mehr als eine übliche Club-Gage. Beginnend mit 3,50 Euro bis hin zu 250 Euro (Titel: ‚der Abend geht auf mich‘) kann jeder spenden, so viel er kann oder was ihm das Konzert wert ist. Es gibt für jeden Musiker eine Mindestgagen-Garantie. Aber die brauchen wir beim aktuellen Spendenaufkommen gar nicht!“
Die Umsetzung der ersten 50 Streams ist jetzt schon gesichert. Nun will man Hamburg.Stream noch bekannter machen. „Eine solche Initiative kann nur gut für den Jazz in Hamburg sein“, meint Schweizer.

Für ein Hamburg.Stream-Konzert kann sich übrigens jede*r bewerben. Christophe Schweizer lachend: „Das Genre ist eigentlich völlig egal. Hauptsache, die Musik ist gut!“

 

 

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